Seit zwei Wochen sind die Museen in den Niederlanden wieder geöffnet! Als stolzer Besitzer einer Museumkaart, die mir ein Jahr lang freien Eintritt zu allen niederländischen Museen ermöglicht hätte (warum gibt’s sowas eigentlich nicht in Österreich?), wollte ich es mir darum nicht entgehen lassen, meinen letzten Monat in den Niederlanden kulturell voll auszukosten. Und so war ich in den letzten zwei Wochen in folgenden Museen:

  • Portugees-Israëlietische Synagoge: Diese zum Zeitpunkt der Konstruktion älteste Synagoge der Welt hat mich persönlich eher enttäuscht, da sie im Inneren wie im Äußeren recht karg und minimalistisch gestaltet ist. Besonders hat mich überrascht, dass die Synagoge sehr schwach besucht war. Ich war die meiste Zeit vollkommen alleine in ihrem Inneren.
  • Micropia: Ganz in der Nähe der Synagoge liegt das laut eigenen Angaben “einzige Mikroben-Museum der Welt”. In direkter Nachbarschaft zum Zoo “ARTIS” bietet dieses Museum eine sehr moderne und interaktive Ausstellung. Man kann z.B. selbst mit dem Mikroskop Bakterien beobachten, und man kann sehen, wie eine Melone nach mehreren Jahren aussieht (Antwort: besser, als man denkt!). Die Botschaft, die bei mir ankommt, ist, dass wir auf unserem Planeten von deutlich mehr Organismen umgeben sind, als uns das täglich bewusst ist. Ein absoluter Tipp.
  • Het Rembrandthuis: Dieses Museum ist im ehemaligen Wohnhaus von Rembrandt untergebracht, der sehr feudal im Zentrum von Amsterdam auf mehreren Stockwerken seine Bilder malte und sich nicht zu schade war, diese bei einem Gläschen Wein selbst zu verkaufen. Da die Bilder des Rembrandthaus allerdings ohne geschriebene Erklärung auskommen (oft steht nicht einmal der Künstler oder Titel dabei), lernt man relativ wenig in der Ausstellung über die Bilder, jedoch einiges über die Lebensformen der damaligen Zeit. Interessant z.B. zu sehen, dass die Magd in einem Kastenbett in der Küche schlief. Dieses Museum ist eher für eingefleischte Rembrandt-Fans zu empfehlen, die schon über Hintergrundwissen über Rembrandt verfügen. Dieses bekommt man z.B. im Rijksmuseum (siehe unten).
  • Rijksmuseum: Der Klassiker unter den Amsterdamer Museen. Man sollte hier nicht (wie ich) der Verlockung erliegen, ein ganzes Stockwerk auf einmal besichtigen zu wollen, denn aufgrund seiner schieren Größe ist dies nur mit sehr viel Zeit oder einem sehr oberflächlichen Blick auf die Kunstwerke zu schaffen. Dieses Museum bietet einen genuin niederländischen Blick auf die Kunstgeschichte und bietet auch sehr viel Hintergrundinformationen über die niederländische Geschichte und Kultur.
  • Tropenmuseum: Die Niederlande haben eine lange koloniale Geschichte, die bis ins 16. Jahrhundert zurückreicht. Das Tropenmuseum (vormals Kolonialmuseum) zeigt die Kultur der kolonialisierten Länder (insbesondere Indonesien und Papua) sowie deren Reaktion auf die Kolonialisierung und Freiheitskampf. Mich hat hier insbesondere die sehr archaische Kultur Papuas fasziniert, sowie die niederländische Schleifung der alten Königsstadt Jakarta und der Aufbau einer neuen Stadt Batavia an gleicher Stelle nach Amsterdamer Vorbild.
  • Verzetsmuseum: Das Widerstandsmuseum zeichnet die Geschichte der Niederlande im zweiten Weltkrieg nach. Noch unter dem Eindruck des Tropenmuseums habe ich mich hier auf die Ausstellung über den Widerstand in Indonesien gegen die japanische Besetzung konzentriert, die äußerst brutal vorgegangen ist. Widerstand wurde von dieser meistens so beantwortet: Kopf ab!
  • Van Gogh Museum (x2): Dieses Museum erläutert den Werdegang van Goghs, der seine ersten Lehrjahre in den Niederlanden durchmachte, jedoch erst in Frankreich zu seiner eigentlichen künstlerischen Blüte gelangte. Dieses Museum gefiel mir so gut, dass ich es gleich zweimal besuchte. Es zeigt sehr viele absolute Klassiker van Goghs (wie die “Sonnenblumen” und das “Schlafzimmer”), bietet aber auch sehr viele Hintergrundinformationen zu diesem sehr kultivierten Ausnahmekünstler. Ebenfalls eine absolute Empfehlung!
Tropenmuseum.
Tropenmuseum.

Ein Besuch in den Museen gestaltet sich momentan als etwas mühsam, da man sich immer vorab im Internet einen “tijdslot” (Zeitschlitz) reservieren muss. Doch ab dem 26. Juni sollen diese und andere Corona-Maßnahmen weiter gelockert werden und sogar die Maskenpflicht (mit Ausnahme des öffentlichen Verkehrs) fallen. Das finde ich gelinde gesagt gewagt. Unsere Nachbarn unter uns sitzen gerade mit Corona in Quarantäne, was exemplarisch zeigt, dass die Pandemie noch nicht vorbei ist. Allerdings waren die Niederländer noch nie sehr diszipliniert im Umgang mit Masken, weshalb dieser Schritt der Regierung vielleicht eh keine sehr große Änderung darstellt.

Doch momentan ist ein Thema deutlich wichtiger als Corona für die Niederländer: Fußball! Amsterdam war ja Austragungsort einiger Spiele, insbesondere auch des Spiels gegen Österreich. Kurz vor dem Spiel habe ich durch Zufall beim Zoo “ARTIS” den Teambus der österreichischen Mannschaft gesichtet. Leider kam mir erst zu spät der Gedanke, eine kleine aufmunternde Botschaft an den Bus zu heften.

Tropenmuseum.
Tropenmuseum.

Insofern trage ich ein bisschen Verantwortung für die österreichische Niederlage, die ich akustisch mitverfolgen konnte, da wir während unseres Abendessens immer wieder Jubelgeschrei von der Straße hören konnten. Ich gestehe, dass dies — obwohl ich nicht fußballinteressiert bin — eher schmerzhaft für mich war. Am Tag darauf wurde ich sogar im Van Gogh Museum auf das Spiel angesprochen, nachdem ich mich als Österreicher zu erkennen gegeben hatte. Die Niederländer waren allerdings immer sehr respektvoll mit mir, keine Spur von Häme oder Überlegenheit.

Ich muss sagen, dass ich mich in den letzten Wochen weitgehend mit den Niederlanden ausgesöhnt habe. Hegte ich zuvor schon sehr negative Gefühle gegen dieses Land, zeigte es sich nun von seinen besseren Seiten. Das mag nicht unwesentlich mit dem sehr guten Wetter zu tun haben, aber auch mit der Abwesenheit unserer Nachbarin, weshalb ich mich jetzt auch in unserer Wohnung deutlich besser fühle. Vielleicht spielt aber auch eine Rolle, dass unsere Tage hier gezählt sind, weshalb sie wertvoller erscheinen. Allerdings: Man sollte dann gehen, wenn’s am schönsten ist.

Die Vorbereitungen für unseren Umzug sind jedenfalls voll im Gange: Der Makler, der uns die Wohnung ursprünglich gezeigt hatte, organisierte zwei Wohnungsbesichtigungen, wobei sich bei der zweiten Besichtigung ein Nachmieter ab dem 1. Juli fand. Somit müssen wir voraussichtlich keine Miete doppelt zahlen, was besonders bei den Amsterdamer Mietpreisen sehr angenehm ist. (Kleines Detail am Rande: Einer meiner Studenten, der aus Amsterdam stammt, erzählte mir, dass es eine Warteliste von etwa zwanzig Jahren (!) auf Gemeindewohnungen in Amsterdam gibt. Sein Kommentar: “Housing in Amsterdam is a shitshow.”)

Auch der Transport unserer Siebensachen nach Innsbruck ist jetzt weitgehend geregelt — die Spedition Kattenberg erledigt dies von Wohnung zu Wohnung für 950€. Die Spedition transportiert fast alle unsere Sachen, nur für einen Kasten müssen wir noch einen Käufer finden.

Transportsimulation.
Transportsimulation.

Für meine Rückfahrt nach Tirol habe ich jetzt auch schon einen Zugfahrschein: Ich komme am 30. Juni planmäßig um 19:18 in Innsbruck Hauptbahnhof an. Dies bedeutet leider auch, dass ich meinen Gedanken, mit dem Fahrrad nach Tirol zu fahren, begraben muss. Diesen Gedanken habe ich immer im Hinterkopf behalten, aber wegen Corona, Übersiedlung und Betreuung von Studenten (die Anfang bis Mitte Juli ihre Arbeiten abgeben und ihre Präsentationen halten werden) ist dies leider nicht der richtige Zeitpunkt für eine solche Unternehmung.

Ich lerne jedenfalls noch soviel Niederländisch wie möglich, auch durch die Museumsbesuche, bei denen ich mittlerweile zu 90% die niederländischen Texte lese. Auch wickle ich jegliche schriftliche Korrespondenz auf Niederländisch ab; am Telefon bin ich allerdings noch nicht sattelfest genug. Die Niederländer goutieren diese Anstrengungen durchaus und zeigen sich sehr erfreut über meine Anstrengungen.

Mathilde hat am letzten Wochenende ihre Arbeit beendet, worüber sie sehr glücklich ist, insbesondere auch deshalb, weil sie jetzt nicht mehr am Wochenende arbeiten muss. So konnten wir diesen Samstag zu zweit eine Tour nach Haarlem machen, gefolgt von einer Tour durch die Dünen. Wir machten einen Zwischenstopp bei dem Dünensee “‘t Wed”, wo wir uns an einem Streit zwischen einer heimtückischen Möwe und einer Familie ergötzten. Danach ging es über Santpoort und Spaarndam zurück nach Amsterdam.

't Wed.
't Wed.

Bis bald!