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Am Montag begann die Woche leider etwas furchtbar durch eine stundenlange Serie von Flugzeuglandungen im Zwei-Minuten-Takt. Obwohl ich durch den Einsatz von Ohrenstöpseln kombiniert mit weißem Rauschen von den Flugzeugen nicht mehr sehr viel hörte, hatte ich das ganze ab einem gewissen Punkt satt und beschloss, mit dem Fahrrad Richtung Uithoorn zu fahren. Es herrschte dabei ein recht übler Gegenwind aus Süd, der mich nur unwesentlich schneller vorankommen ließ als die Fußgänger. Selbst von Uithoorn aus konnte ich regelmäßig die Flugzeuge sehen, die die Skyline von Amstelveen fast zu touchieren schienen. Mit einem unangenehmen Bauchgefühl fuhr ich wieder zurück zur Wohnung, immer die Flugzeuge vor Augen, die immer erst unmittelbar in der Gegend unserer Wohnung durch die dichte Wolkendecke brachen und meine Hoffnung auf ein Ende der Serie ein ums andere Mal zunichte machten. Doch genau als ich bei der Wohnung ankam, erschienen plötzlich keine Flugzeuge mehr. Meine Gebete waren erhört worden.

Am Abend fuhr ich dann mit Mathilde in das Zentrum von Amsterdam, wo wir entlang der Kanäle flanierten. Ein seltsamer Anblick ergab sich für uns im Rotlichtviertel (ich schwöre, wir sind durch Zufall hingekommen!), das sich durch durchgängig geschlossene Etablissements und Menschenleere auszeichnete. Auch im Rest des Zentrums waren die meisten Restaurants geschlossen oder nur zur Essensmitnahme geöffnet, und es waren sehr wenige Leute unterwegs. Dennoch, oder vielleicht gerade deshalb, war es sehr romantisch …

Amsterdam by night.
Amsterdam by night.

Am Mittwoch Nachmittag nutzten wir das schöne Wetter, um einen Ausflug nach Muiden zu machen. Muiden ist ein kleines, am IJsselmeer gelegenes Dorf, das man von Amsterdam über einen sehr malerisch am Meer liegenden Radweg erreicht. Auf dem Weg dorthin tummeln sich allerhand Rennradfahrer, die an einer mit Bäumen gesäumten Allee ihre Runden drehen. Später wird der Weg dann etwas ländlicher — auf dem Radweg stehende Schafe sind keine Seltenheit.

Radweg nach Muiden.
Radweg nach Muiden.

Ein paar Kilometer östlich von Muiden könnte man dann nach Flevoland gelangen; ein Landstrich, der erst im Laufe des 20. Jahrhunderts aus dem Meer gewonnen wurde. Gleich am Anfang dieser Provinz befindet sich Almere, sozusagen das “Vorzimmer Amsterdams” und mit mehr als 200.000 Einwohnern eine der neuesten und am schnellsten wachsenden Städte der Niederlande. Nach unserer Ankunft in Muiden fuhren wir dann zurück nach Amstelveen über das schon in Weihnachtsstimmung übergehende Weesp, einen der unserer Meinung nach schönsten Amsterdamer Vororte.

Das abendliche Weesp.
Das abendliche Weesp.

Am Donnerstag war wieder Flugtag (ab 5:20 Uhr in der Früh), was ich dazu nützte, um einem Klaviergeschäft in Amstelveen einen Besuch abzustatten. Nachdem ja unser Umzug in Bälde bevorsteht, spiele ich immer mehr mit dem Gedanken, mir endlich wieder ein Klavier zu besorgen. Meine Möglichkeiten zum regelmäßigen Klavierspiel endeten ja leider schon im März dieses Jahres, als mit dem Lockdown in Paris auch der Zugang zu allen Klavieren unseres Studentenheims gesperrt worden war. Meine Versuche, diese Regelung aufzuweichen, hatten leider damals nichts gefruchtet, obwohl ich auch schon in Vor-Corona-Zeiten so gut wie immer in den Klavierzimmern vollkommen alleine gewesen war und damit auch in Lockdown-Zeiten ein nur minimales, sehr gut kontrollierbares Infektionsrisiko von dieser Tätigkeit ausgegangen wäre. Diese aus meiner Sicht so sinnlose Einschränkung war so frustrierend für mich, dass ich auch danach für einige Zeit die Lust am Klavierspielen verloren hatte. Doch an diesem Donnerstag im Klaviergeschäft hatte ich wieder Blut geleckt. Am Anfang fühlte ich mich durch meine mangelnde Übung relativ unsicher am Klavier. Doch mit der Zeit wich die Unsicherheit und ich konnte mich beim Spiel sogar ein bisschen gehen lassen. Es fühlte sich gut an, wieder mit dem Instrument kommunizieren und sich darüber ausdrücken zu können. Ich merkte dadurch auch wieder, wie sehr und wie lange mir das schon gefehlt hatte … Am Ende hatte ich fast zwei Stunden in dem Geschäft verbracht und an die zehn Klaviere ausprobiert. Ursprünglich kam ich mit dem Vorsatz, das Yamaha YDP-164 zu testen, da dieses auf dem Papier über die selbe Tastatur verfügt wie mein Klavier in Innsbruck. Doch ich war relativ enttäuscht darüber, wie schwierig es mir fiel, auf diesem Klavier nuanciert zu spielen. Auf Empfehlung der Verkäuferin versuchte ich dann ein Klavier der Clavinova-Serie, das mich deutlich mehr überzeugte: Ich hatte das Gefühl, dass mir dieses Klavier erlaubte, mit weniger Aufwand das auszudrücken, was mir auf den Fingern lag. Es macht einfach so viel Spaß, dem Instrument die feinsten Unterschiede entlocken zu können, was vielleicht vergleichbar ist mit den feinsten Nuancen, die wir als Menschen in unsere Redeweise legen können, um gewisse Punkte zu betonen oder z.B. ironisch erscheinen zu lassen. Musizieren ist wie Sprechen, und die Qualität des Instruments bestimmt die Klarheit und Leichtigkeit unserer Ausdrucksweise.

Am Freitag war mein Geburtstag! (“Hartelijk gefeliciteerd” bedeutet übrigens soviel wie “Herzlichen Glückwunsch”.) Schon zu Beginn der Tages, also kurz nach Mitternacht, wurde ich von Mathilde mit einigen Süßigkeiten beschenkt, wie z.B. Schokolade-Mangos, Haselnuss-Creme, Cannoli. Nachdem wir noch relativ lange aufblieben, wachte ich am Freitag Mittag mit einem Kater-ähnlichen Gefühl auf. Wir aßen dann in Amstelveen zu Mittag Falafel, die zwar gut waren, aber leider dennoch bei weitem nicht an das Niveau des Pariser L’As du Falafel herankamen. Der Plan war danach, mit dem Fahrrad in Richtung Süden zu fahren, aber es war so kalt, dass wir schon nach nur ca. 4km wieder umdrehen mussten. Dennoch sahen wir, dass auf dem Weg die Mehrheit der Radfahrer ohne Handschuhe und Mütze unterwegs war, und mehrere sogar mit kurzer Hose oder T-Shirt! Am Abend wurde ich von einigen Freunden und Verwandten angerufen, wodurch ich mehrere Stunden am Telefon verbrachte und am Ende ziemlich heiser war. Zum krönenden Abschluss bereitete mir Mathilde dann noch eine Kürbiscremesuppe mit allerlei Schmankerln zu, sodass dieser Geburtstag einen schönen Ausklang fand. Nachdem mich schon mehrere Leute gefragt haben: Eine Torte gab es nicht, da wir in der jetzigen Wohnung ja leider keinen Backofen haben. Doch dies wird sich dann mit der neuen Wohnung ändern …

Plaisirs du Tyrol.
Plaisirs du Tyrol.

Den Samstag Morgen beging ich mit einem für mich selten gewordenen Vergnügen, nämlich einem Tiroler Brot, welches ich in weiser Voraussicht bei meinem letzten Heimaturlaub mitgenommen und eingefroren hatte. Ich habe nämlich in den Niederlanden noch kein einziges Brot gefunden, das dem tirolerischen nur annähernd ähnelt. Daneben sieht man übrigens einträchtig ein Baguette aus der (französischen) Bäckerei, wo wir uns meistens in den Niederlanden mit Brot eindecken, was allerdings aufgrund der hohen Preise ein teures Vergnügen ist. Das eher graue Wetter verlockte an diesem Tag nicht zu Ausflügen, und so fuhren wir nur kurz in das Klaviergeschäft, wo ich auch Mathilde die Möglichkeit geben wollte, meine engeren Klavierkandidaten zu testen. Sie empfand dabei so wie ich das YDP-164 für wenig ausdrucksstark, zeigte aber anders als ich eine deutliche Präferenz für das CLP-745 im Vergleich zum CLP-735 aufgrund des Klangs.

Am Sonntag machten wir nur einen kleinen Ausflug in den “Amsterdamse bos”, wo wir an einer Fährstelle namens “Ome Piet” eine erhöhte Bank entdeckten, die sich hoher Beliebtheit bei allen Passanten erfreute.

Ome Piet.
Ome Piet.

Ich hoffe, meine Leserschaft vergibt das reichliche “product placement”. ;)