Wie meine Leserschaft unschwer erkennen konnte, hat meine Blog-Lust in letzter Zeit etwas nachgelassen. Dies hat etliche Gründe; einer der prominentesten war sicher der, dass durch die Umstellung meines Wochenendes auf Montag und Dienstag mein jour fixe des Blog-Sonntags flöten gegangen ist. Nicht nur aus diesem Grund überlege ich, mein Wochenende wieder auf den Sonntag und Montag zurückzuverlegen.

Im Allgemeinen könnte ich sagen, dass mir in letzter Zeit der Rahmen meiner Arbeit etwas verloren gegangen ist. Es benötigt viel Disziplin und auch Gewohnheit, um sich im Home-Office fernab von Kollegen zum Arbeiten zu motivieren. Doch es ist auch (zumindest für mich) genauso schwierig, wenn nicht sogar schwieriger, nicht übermotiviert zu sein. Genau da hat sich’s bei mir in letzter Zeit gespießt: Dadurch, dass Mathilde viel weniger im Haus war und erst zwischen 21 und 22 Uhr von der Arbeit zurückgekommen ist, habe ich oft noch sehr spät gearbeitet. Dadurch ist meine Arbeit noch in meinem Kopf gekreist, und wenn ich (wie so häufig) in der Mitte der Nacht aufgewacht bin, dann haben mich meine Gedanken in Bezug auf meine Arbeit überwältigt, dass ich oftmals stundenlang nachdenkend wach geblieben bin. Dadurch habe ich oft weniger als sechs Stunden geschlafen, was sich dann auf meine Laune nicht eben positiv ausgewirkt hat. Außerdem bin ich ja am Vormittag am produktivsten, was mich in einen inneren Konflikt geführt hat, da Mathilde am Vormittag nicht gearbeitet hat und währenddessen also auch gerne Zeit mit mir verbracht hätte. Meine Arbeit ist ein wirklich zweischneidiges Schwert: Sie motiviert, passioniert und entspannt (!) mich ungemein, doch ohne Kontrolle frisst sie mich auf.

Diesen Sonntag habe ich deswegen die Notbremse gezogen und versucht, mich einen Tag überhaupt nicht mit Programmieren zu beschäftigen, was in meiner Verfassung sehr schwierig war. Problematisch ist, dass mir bei dem häufig schlechten Wetter zuhause nicht so viele Tätigkeiten übrigbleiben als der Rechner, und einmal vor dem Rechner ist meine Arbeit nur Sekunden entfernt. (Zumindest diesen Sonntag half mir, dass am Abend ein Livekonzert aus Tirol übertragen wurde, nämlich von der von mir sehr geschätzten Gruppe Innanna.) Soziale Kontakte würden in dieser Lage sicherlich helfen, doch die sind auch zum Großteil virtuell, und um jemanden anzurufen, muss ich auch dafür einen (Taschen-)Rechner, vulgo Smartphone, verwenden. Ich sehne mich nach einer analogen Welt.

In dieser Lage schafft mir die größte Erleichterung immer noch das Fahrrad. Letzte Woche habe ich in einem Anflug von Motivation die “Haarlemer Schwelle” überschritten, denn Haarlem ist eine Art psychologische Barriere, über die ich noch nie zuvor hinausgekommen war. Gründe dafür sind der unvorhersehbare Gegenwind, die abendliche Ausgangssperre und die extrem umständliche und teure Fahrradmitnahme im Zug (z.B. im Falle einer Panne), die nur online möglich ist, da man Fahrradtickets nicht mehr am Automaten kaufen kann. Doch diesmal bin ich zumindest etwas weiter westlich von Haarlem gekommen. Dort tat sich mir eine neue Welt auf: Dünen und sanfte Hügel in den Niederlanden. Dazu eine Vegetation, die sich deutlich vom ca. 20km entfernten Amsterdam unterscheidet. Eine etwas karge, doch wunderschöne und ruhige Umgebung, die von einem europäischen Fernradweg (EV12) durchschnitten wird. Diesen fuhr ich eine Zeitlang entlang und genoss die Sonne auf meinem Gesicht. Zum Meer wären es nur noch etwa 3km weiter gewesen, doch da die Stunde schon fortgeschritten war und ich auch an den Rückweg dachte, behielt ich mir diese Option für ein andermal auf. Zurück fuhr ich dann über Santpoort und Spaarndam.

Nationaal Park Zuid-Kennemerland.
Nationaal Park Zuid-Kennemerland.
Amsterdam -- Haarlem -- Santpoort -- Spaarndam -- Amsterdam.

(Die Karte habe ich übrigens mit GraphHopper gemacht, als GPX exportiert (mit der Option “Track”) und dann nach GeoJSON konvertiert.)

Diese Woche fand eine kleine Abschiedsfeier für einen Kollegen von der Universität statt, nämlich Rob Lewis. Zu diesem Anlass fanden wir uns im Amstelpark zusammen, nämlich am Teich gegenüber dem japanischen Garten. Dort waren wir am Höhepunkt sechs Leute, natürlich immer unter Wahrung des Babyelefanten. Bei der Gelegenheit traf ich mehrere Leute von der Universität zum allerersten Mal, manche kannte ich immerhin aus den virtuellen “group lunches”. Nach der Feier fuhr ich noch mit Rob mit zu ihm, da er einige Möbel vor seinem Auszug abstoßen muss. Wir haben insbesondere an seinen Stühlen Interesse, da sich Mathilde schon seit längerem über die unergonomischen Stühle in unserer Wohnung beklagt.

Ich wünsche meiner Leserschaft (eine) schöne Woche(n) und bis bald!