Amsterdam hat sich in den letzten Wochen erstaunlich gewandelt. Zeigte die Stadt zuvor die meiste Zeit ihr eher winterliches Gesicht, hat sich Amsterdam — schon allein klimatisch — sommerlich aufgebrezelt. Und so tauschte ich innerhalb weniger Tage die Handschuhe gegen kurze Hosen ein. In der Nähe unseres Hauses, an der Erasmusgracht, finden sich nunmehr täglich Menschen ein, die in der Gracht schwimmen gehen.

Erasmusgracht.
Erasmusgracht.

Auch ich folgte dem Lockruf des Wassers und fuhr mit Mathilde in den Amsterdamse Bos, wo ich mich in ein ruhiges Wässerchen begeben wollte. Doch die Suche nach einem ruhigen Plätzchen stellte sich als schwierig heraus, da das Nieuwe Meer von partywütigen Bootsfahrern gestürmt wurde, die gerne ihre basslastigen Lautsprecher aufdrehten. Endlich an einer lauschigen Lagune am Rande eines Sees im Inneren des Waldes angekommen, versuchte ich in das sehr seichte Wasser zu gehen. Doch stellte sich heraus, dass der vermeintliche Grund des Wasser nur eine lose Schicht aus Blättern war, unter der sich ca. ein Meter Schlamm verbarg. In der Hoffnung, dass ich oberhalb dieses Schlamms schwimmen könnte, stieg ich mit beiden Beinen in den Schlamm und ließ mich dann ins Wasser fallen. Mein Kalkül ging nicht auf; ich wirbelte eine riesige Menge Schlamm gemischt mit algenartigen Pflanzen auf, die mich übelriechend umhüllten und eilends zurück ans Ufer fliehen ließen.

Die Lagune des Schreckens.
Die Lagune des Schreckens.

Von Algen eingehüllt fuhr ich ein wenig weiter und fand einen kleinen Strand, wo sich ein paar Dutzend Leute aufhielten und auch schwammen. Dadurch beruhigt eilte ich in das Wasser, um den ekelhaften Schlamm loszuwerden, konnte aber selbst nach mehr als einer Viertelstunde Schwimmen noch die Residuen meines unglücklichen ersten Schwimmversuchs deutlich riechen und erst nach einer eingehenden Dusche loswerden. Im Gespräch mit Niederländern fand ich heraus, dass die Wasserqualität in den Amsterdamer Gewässern eher bescheiden ist, was ich nach meinen eigenen Erfahrungen deutlich bestätigen kann. Es ist auch verdächtig, dass trotz immer höherer Temperaturen nur ein Bruchteil der Leute in das kühle Nass steigt und der Großteil sich damit begnügt, an den Ufern der Grachten zu brutzeln (sowohl sich selbst als auch Würsteln & Co.).

Kleine Vijver.
Kleine Vijver.

Abgesehen von den höheren Temperaturen fühlt sich Amsterdam angenehmer an, da nunmehr immer mehr Einrichtungen (darunter auch Museen) geöffnet sind. Am Sonntag war ich z.B. zum ersten Mal in diesem Jahr mit Mathilde in einem Restaurant, wenngleich “nur” auf einer Terrasse im Freien. Ein kurzer Blick ins Innere des Restaurants enthüllte, dass im Inneren die Leute dicht gedrängt beieinander saßen, und weder Kellner noch Gäste Masken trugen. Ich fühlte mich mit meiner FFP2-Maske ein bisschen wie ein Alien in einer vorgeblichen Post-Corona-Welt. Am Sonntag hatte ich auch Amsterdam bei strahlendem Wetter erkundigt, und es kam ein bisschen Wehmut in mir auf, da ich ja doch Amsterdam in dem Moment verlassen werde, wo es sich gerade anschickt, angenehm zu werden. Doch gedenke ich, aus der mir noch zustehenden Zeit das meiste herauszuholen, in dem ich unter anderem noch so viele Museen besichtigen möchte wie möglich. Viel von meinem momentanen Komfort ist auch der Tatsache geschuldet, dass unsere Nachbarin so gut wie nie zuhause ist, und wir somit sowohl ihrer Waschmaschine als auch ihrer Schritte entledigt sind, was mich schon deutlich entspannter wohnen lässt. Der Schiller hatte schon irgendwie Recht …