Meine sehr verehrten Damen und Herren, willkommen zu dieser vierunddreißigsten Ausgabe meiner Abenteuer in Frankreich! :)

Die Woche begann am Montag gleich prächtig; hatten wir am Vortag, sprich den Sonntag, noch Paulines Geburtstag gefeiert, so klopfte sie am Montag schon wieder an meine Türe, um mich zu fragen, ob ich sie zur Tramstation begleiten möchte, wo sie mich gerne ihrer Familie vorstellen würde, die anlässlich ihres Geburtstags gerade zu Besuch in Bordeaux sei. Daraufhin zögerte ich nicht lange (auch, um eine willkommene Auszeit von meiner Arbeit zu nehmen ^^), und lernte somit bei der Tramstation die paulinische Familie kennen, die sich in Form von Mutter und zwei Schwestern inkarniert hatte. Pauline verabschiedete sich allerdings relativ bald wieder, denn sie würde noch arbeiten müssen, was ihre Mutter gleich zum Anlass nahm, mich zum Abendessen zu ihnen einzuladen. Da ich ohnehin an diesem Abend keine große Lust auf Kochen hatte, kam mir das Angebot gerade recht, und begleitete sie zu ihrem gemieteten Domizil, wo ich bei der Fischwerdung eines Abendessens beiwohnen durfte. Paulines Familie ist auf jeden Fall sehr nett; ihre Mutter war mir gegenüber sehr entgegenkommend, und ihre Schwestern in der frühen Adoleszenz waren sehr lustig, vor allem, wenn sie versuchten, mit mir andere Sprachen als Französisch zu sprechen. ;) Etwas später gesellte sich auch Pauline noch zu uns dazu, und wir genossen ein echtes französisches Abendessen. Allein was fehlte, war der Wein, wir konnten trotzdem lustig sein.

Am Dienstag erfuhr ich mehr zufällig als geplant nach der Mensa von meinem Erasmus-Kollegen Gabriele, dass der Französisch-Sprachkurs ab sofort nicht mehr stattfinden würde. Es geht nichts über eine Portion Zufall und ein gutes, soziales Netz, um solche Nachrichten zu erfahren, vor allem, wenn diese nicht offiziell kommuniziert werden. Auf meine Nachforschungen hin kann man sich den Kurs für sein Studium anrechnen lassen, allerdings steht die Note scheinbar erst gegen Anfang Juni fest. Da ich bei dem einzigen Test, an den ich mich erinnern kann, allerdings nicht gerade berühmt abgeschnitten habe, weiß ich noch nicht, ob ich mir den Kurs wirklich anrechnen lassen möchte. Das hängt auch davon ab, ob ich z.B. eine schlechte Note in Frankreich durch eine bessere Note in einer Innsbrucker Vorlesung “ausbügeln” kann. Doch ach, mir kommt fast vor, es steht mir die Klärung noch so einiger Sachverhalte bevor … Am Abend war jedenfalls wieder Chorprobe, und obwohl ich zeitlich nicht mehr zu meinem Döner-Sprint in der halben Stunde zwischen Sprachkurs und Chorprobe gezwungen war, gönnte ich mir anlässlich des Döner-Days wieder mein lieb gewonnenes Stück Fast Food. In der Chorprobe wurden wir dann zu unserer unmittelbar bevorstehenden Chorreise nächster Woche nach Ariège informiert: Wir werden in dem Örtchen Ornolac unser Domizil finden und die Woche bis zum Sonntag mit allerhand Freizeitaktivitäten garnieren; genannt wurden Rafting, Wandern (u.a. auch zu heißen Quellen, wo man im Freien baden kann!), Klettern … es klingt also fast so wie das Abenteuercamp, das wir im Gymnasium gemacht hatten. (Habe gerade alte Fotos angeschaut und bin dabei richtig nostalgisch geworden … die gute, alte Schulzeit …) Schüttel, schüttel, zurück in die Gegenwart, bzw. die Zukunft. Da es eine _Chor_reise ist, wird natürlich auch die musikalische Komponente nicht zu kurz kommen; leider ist nur ein einziges Konzert am Freitag geplant, was wohl bedeutet, dass mein Cousin Mino nicht wie angedacht am Wochenende zu einem unserer Konzerte kommen kann. :/ Dazwischen werden wir allerdings ein paar Stücke aufnehmen, und zwar wie schon bei unseren letzten Aufnahmen zum Film “Hasta Santiago” stammen auch diese Stücke vom Komponisten Pierre Manchot. In unmittelbarer Nähe unseres Aufenthaltsortes befindet sich übrigens auch der Kleinstaat Andorra, der weniger Einwohner hat als Innsbruck. Vielleicht geht sich ein Kurzbesuch dorthin aus. Kurz und gut, die kommende Woche erfüllt alle Voraussetzungen für eine gewaltige Woche!

Am Mittwoch nützte ich die Gelegenheit, um ein wenig Tiroler Kulturgut nach Frankreich zu bringen: Ich brachte meinen Uni-Freunden das Watten bei! Diese zeigten sich erstaunlich vif beim Erlernen des Spieles, bis auf meinen Partner beim Ladinisch Watten, denn wir brachten es prompt fertig, bei der ersten Partie zu verlieren. Welche Schande … Am Nachmittag nützte ich das schöne Wetter und versuchte, im Hof von Village 2 einen Artikel für meine Masterarbeit zu studieren. Allerdings vergeblich, denn es gesellte sich noch eine Heimbewohnerin namens Lili auf meine Bank, und wir redeten so lange miteinander, dass wir am Ende schon die Bank wechseln mussten, da die Sonne soweit fortgeschritten war, dass sie uns ins Gesicht zu scheinen begann. Auch als sie dann gegangen war, wurde meine Aufmerksamkeit strapaziert, denn ich bemerkte eine große Anzahl von Wohnwägen, die sich an Village 2 vorbeibewegten: Die Zigeuner zogen weiter! Ich konnte mein Glück auf den ersten Blick gar nicht fassen – endlich wieder Tage ohne Dauer-Hundegebell! Auch die in letzter Zeit häufig gesichtete Security in Form eines kräftiger gebauten Cyrano von Bergerac wird so vermutlich obsolet. Als einer der Hausmeister an mir vorbeikam, fragte ich ihn, ob er meine, dass die Zigeuner weitergezogen seien, worauf er meinte, dass sie vermutlich einen Monat verschwunden bleiben würden und dann wieder zurückkämen. Nun, in zwei Monaten bin ich eh fast schon wieder weg, also geniert mich das nicht so sehr. :)

Am Donnerstag Abend war wieder einmal ein Konzert fällig, und zwar in symphonischem Rahmen! Ich begab mich mit Pauline in das Auditorium de Bordeaux, wo wir den wunderbaren Werken von Debussy, Prokofiev, De Falla und Strawinsky lauschten, und das auf einem Balkon direkt “neben” dem Orchester mit grandioser Sicht auf ebendieses. Danach schmuggelte ich mich noch in die darauffolgende soirée (nicht zuletzt mithilfe eines Chorkollegen, der beim Auditorium an dem Abend gearbeitet hat – es geht nichts über gute Freunde ^^), wo wir noch einige interessante Leute kennenlernten. Bei solchen Anlässen macht es sich bezahlt, bei einem Chor zu singen, denn viele Konzertbesucher haben meinen Chor zumindest einmal schon gehört, was natürlich gleich einen guten Gesprächseinstieg bietet.

Am Samstag war mein für diese Woche produktivster Arbeitstag; ich habe an einem Tag gleich drei Seiten an meiner Masterarbeit geschrieben, die mittlerweile auf 39 Seiten angewachsen ist. Die Arbeit wird mir auch so schnell nicht ausgehen, denn ich habe noch viel zu schreiben und zu beweisen … es macht mir einiges an Spaß, mein “Meisterwerk” immer schöner und ausführlicher zu gestalten. Der Abgabetermin in Frankreich ist jedenfalls auf den 2. Juni festgesetzt, und die Präsentation gegen Ende Juni. Da ich zusätzlich zu der Präsentation in Frankreich meine Arbeit auch in Innsbruck verteidigen muss, werde ich auch in Bälde die entsprechenden Termine für Österreich organisieren, damit die Anerkennung meiner Arbeit für das Erasmus-Programm möglichst glatt vonstatten geht. Am Abend meldete sich recht unerwartet mein Nachbar Simon noch bei mir und wollte mich zum Billardspielen einladen. Da er allerdings selbst bezweifelte, dass man am Samstag Abend so leicht einen Billardtisch bekommt, schlug ich ihm einen Kinobesuch vor, was ihm zusagte, und ich nützte die Gelegenheit, auch Sara dazu einzuladen. So kam es, dass wir uns à trois den Film “L’écume des jours” (“Der Schaum der Tage”) ansahen, der mir sehr gut gefallen hat – ziemlich psychedelisch angehaucht und sehr liebenswert gestaltet. Die wohl bekannteste Schauspielerin des Filmes dürfte Audrey Tautou sein, die schon in einer anderen fabelhaften Welt mitgespielt hat.

Das war’s von mir für diese Woche; ich wünsche meinen Lesern noch einen schönen Wochenbeginn, und bis bald! :)

P.S.: LyX-Tipp der Woche: Man kann sich in LyX Grafiken so anzeigen lassen, genau wie sie später im fertigen Dokument aussehen werden. Einfach unter “Werkzeuge -> Einstellungen -> Anzeige -> Grafiken anzeigen” aktivieren, und schon werden alle Formeln wunderschön dargestellt. :) Ich hoffe, ich klinge nicht zu sehr wie die berühmt-berüchtigte Büroklammer

P.P.S.: Noch ein schönes Musikstück zum Abschluss: Rachmaninow, Klavierkonzert No.2, Adagio. Die Melodie dieses atemberaubenden Stückes ist mir Anfang der Woche eingefallen und nicht mehr aus dem Kopf gegangen, bis ich es endlich gefunden habe …