Diese Woche gab ich die erste Vorlesung meines Lebens, nämlich an der Universität Innsbruck zum Thema “Formale Konzepte” im Rahmen des Brückenkurses Informatik. Dieser Brückenkurs ist dazu gedacht, Studienanfängern den Einstieg in das Studium zu erleichtern, und beinhaltet Fächer wie Programmieren, Mathematik, … und hinter meinem Fach, “Formale Konzepte”, verbarg sich nichts anderes als ein Mathematik-Auffrischungskurs.

Begonnen hat alles damit, dass ich vor ein paar Wochen Besprechung mit meinem Betreuer hatte und eine Pause nützte, um mit seinem Zimmerkollegen zu plaudern. Bei diesem sah ich ein paar Blätter mit einfachen Matrizenrechnungen und fragte ihn, was er mit den Matrizen mache. Daraufhin entgegnete er, dass er eine Einführungsvorlesung halten würde, worauf ich ihn eher scherzhaft fragte, ob er dabei Hilfe benötigen könnte. Da fragte er mich, ob ich nicht gleich die ganze Vorlesung halten möchte? :)

In den darauffolgenden Wochen bereitete ich mich auf die Vorlesung vor, indem ich das schon vorhandene Skriptum durcharbeitete und Lösungen für die darin vorkommenden Aufgaben erstellte. Nebenher übte ich das Vortragen bei Waldspaziergängen, wo mich entgegenkommende Wanderer wohl aufgrund meiner Gestik und meiner Selbstgespräche für einen Psychopathen gehalten haben müssen. ^^

Und ein paar Wochen später stand ich also im Hörsaal A der Universität Innsbruck ca. 100 Studenten gegenüber, die alle gekommen waren, um bei mir ihre Mathematik-Kenntnisse aufzufrischen. Bei dieser ersten Vorlesung war ich doch im Vorfeld etwas nervös, aber da ich mich ja auf diese erste Stunde ausreichend vorbereitet hatte, war ich doch zuversichtlich, ohne gröbere Schnitzer aus der Vorlesung herauszukommen. Ich begrüßte die Studenten zu Beginn mit einem “Messieurs et dames, bonjour, willkommen beim Französischkurs für Anfänger.” (mit übertriebenem französischen Akzent ausgesprochen), was die Studenten schon einmal zum Lachen brachte und aufweckte. Dann legte ich relativ zügig mit dem Stoff los, bei dem ich mir größte Mühe gab, ihn verständlich zu erklären und durch Zwischenfragen an mein Publikum zu überprüfen, ob alle den Stoff verstanden haben.

Glückliche Studenten.
Glückliche Studenten.

Ich versuchte, den Kurs möglichst abwechslungsreich zu gestalten: So erklärte ich z.B. die vollständige Induktion anhand von ein paar Büchern, die ich mitgebracht hatte. Ich wollte nämlich zeigen, dass durch das Umwerfen des ersten Buches auch alle anderen dahinterstehenden Bücher (wieviele auch immer) umfallen würden. Dabei erklärte ich, dass wir bei der vollständigen Induktion immer einen Basisfall und einen Induktionsschritt beweisen müssen. Auf die Bücher angewandt entspricht das Beweisen des Basisfalls dem Umwerfen des allerersten Buches, und das Beweisen des Induktionsschritts, dass wenn ich ein x-beliebiges Buch umwerfe, auch das dahinterstehende Buch umfällt. Zum Schluss stellte ich alle meine Bücher hintereinander und warf das erste Buch um, was auch alle anderen Bücher dahinter zu Fall brachte. Begeisterter Applaus von Seiten der Studenten.

Eine etwas spontanere Idee hatte ich, als mir ein Student nach der Erklärung eines Beweises sagte, dass er selbst so nie auf den Beweis gekommen wäre. Er interessiere sich dafür, wie meine Denkweise dahinter war. Daraufhin sagte ich, dass ich zur Illustration einmal mein Gehirn spielen würde und 1:1 meine Gedankengänge laut aussprechen würde. Danach stürzte ich mich auf die Ausgangsgleichung und kommentierte jeden meiner Gedankenschritte bis zur endgültigen Lösung, das Ganze leicht kabarettistisch angehaucht. Auch dieser Ansatz stieß bei den Studenten auf Begeisterung. Ich meine, dass eine gute Vorlesung auch immer einen gewissen Unterhaltungswert haben soll.

Nach dem Ende der Vorlesung erhielt ich einige Komplimente, die auch mit Resignation über den Mathematikunterricht in der Schule einhergingen. Letzteres ist extrem schade; beeinflusst doch die Schule ganz wesentlich unsere Interessen – umso wichtiger wäre ein guter Mathematikunterricht! Laut den Aussagen einiger gelang es mir jedoch, gewisse Ängste vor der Mathematik abzubauen und sogar Lust an dem Thema zu wecken. Einer sagte sogar, dass er sich vor dem Kurs eigentlich sehr auf das Programmieren gefreut und der Mathematik eher lustlos entgegengesehen hat, und nach dem Kurs wäre es jetzt genau andersherum. :) Ein anderer hat früher einmal Mathematik studiert und sein Studium dann abgebrochen, und durch meinen Kurs ist auch sein Interesse an der Mathematik wieder erwacht. Insofern hatte ich Glück, dass ich einen Kurs zum Thema Mathematik/Logik geben konnte, da insbesondere die Logik eines meiner Steckenpferde darstellt und ich es für absolut wichtig ansehe, dass sich Studenten schon möglichst früh mit diesem hochspannenden Thema auseinandersetzen!

Meinen Schützlingen wünsche ich auf jeden Fall alles Gute und viel Spaß bei einem interessanten Studium!